Moeri & Partner AG · Landschaftsarchitekten · Mühlenplatz 3 · Postfach · 3000 Bern 13 · T 031 320 30 40 · info[at]moeripartner.ch

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Die Kultur der letzten Ruhe

Rund ein Drittel aller Bestattungen finden heutzutage nicht auf «klassischen» Gräbern, sondern im Gemeinschaftsgrab statt. Was früher als «Grab der Einsamen» bezeichnet wurde, ist in den letzten Jahren eine immer beliebtere Bestattungsform geworden. Diese gesellschaftliche Entwicklung und die Tatsache, dass auch die Nachfrage nach Urnennischengräbern anstieg, waren Anlass zur Neugestaltung dieses Bereichs des Burgdorfer Friedhofs.
«Der Friedhof ist Ort der Besinnung und Spiegel unserer Kultur», sagt Landschaftsarchitekt Daniel Moeri, dessen Büro für die Neugestaltung verantwortlich zeichnet. Die klassischen, rechteckigen, in Reihen exakt angeordneten Gräber sind immer weniger gefragt. Immer mehr Menschen bevorzugen als letzte Ruhestätte ein anonymes Gemeinschaftsgrab oder wünschen, dass ihre Asche an einem bestimmten Ort verstreut wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, welche die Stadt Zürich bereits 2007 in Auftrag gegeben hatte. Das bedeutet aber nicht etwa, dass der Friedhof ein Auslaufmodell wäre. Als Ort der Besinnung, der Trauer und Erinnerung an einen geliebten Menschen entspricht der Friedhof nach wie vor einem grossen Bedürfnis.
Erweiterung des Gemeinschaftsgrabes
Das weiterhin bestehende, ursprüngliche Gemeinschaftsgrab wurde 1958 als «Grab der Einsamen» im Anschluss an den Neubau des Krematoriums erstellt. Der verhältnismässig klein gestaltete Bereich bietet wenig Platz und stiess bei grösseren Beerdigungen an seine Grenzen. Die nun realisierte Erweiterung trägt dem Wandel in der Bestattungskultur Rechnung. Sie schafft neue Möglichkeiten für weitere Bestattungsformen, zum Beispiel die Urnenbeisetzung im Bereich des Gemeinschaftsgrabes, ohne Grabstein aber auf Wunsch mit der Gravur des Namens an der Urnennischenwand.

Das war und ist einer der schönsten Friedhöfe, die ich kenne. Und ich kenne viele

Daniel Moeri

Eine «Landschaft» mit drei Terrassen
Die markanteste und augenscheinlichste Veränderung ist aber nicht die Neugestaltung von Grabstätten oder Gebäuden, sondern die Gestaltung der Topografie. «Das Terrain westlich der Abdankungshalle wurde vom damaligen Architekten Bechstein sorgfältig moduliert und in hervorragender Qualität gestaltet», sagt Daniel Moeri. Diese Modulation mit drei Gelände-Terrassen wurde über die Jahrzehnte durch die Böschungen fast verdeckt, zumindest nicht mehr betont. Das Gestaltungskonzept von Daniel Moeri lässt die Terrassierung wieder aufleben und macht sie zum prägenden Element der Anlage. Durch die Verlängerung des rechten Hauptweges, hinauf zu den Terras- sen, wird der neue Bereich in das bestehende Wegnetz des Friedhofs eingebunden. Auf der ersten, untersten Terrasse entstanden das neue Gemeinschaftsgrab mit Blütenstaudenrabatten, in denen auch Urnen im Erdreich bestattet werden können. Auf der zweiten Terrasse, die durch einen ebenen Weg direkt mit der Abdankungshalle verbunden ist, befinden sich eine schlichte Urnennischenwand sowie skulpturähnliche Stelen für individuelle Urnennischen.

 

Eine besondere Qualität verleiht dieser Terrasse eine integrierte Pergola. Hier entstand ein weitläufiger «Aufenthaltsbereich» mit phantastischer Aussicht über den ganzen Friedhof hinweg. Ein Panorama der Besinnung und der Ruhe, aber auch ein Ort, an dem sich Abschied und Begegnung verbinden.
Man fühlt sich wohl hier, wie in einem schön angeleg- ten Park. Wie selbstverständlich harmoniert dieser neue Bereich mit dem sanierten Gebäude, in dem sich die Abdankungshalle und das Krematorium befinden. Die von den Architekten Giraudi und Partner eingesetzten Materialien und die Bepflanzung der Umgebung wurde mit dem Konzept der Landschaftsarchitekten abgestimmt.
Die dritte, oberste Terrasse ist wie ein unverbauter Logenplatz, mit eindrücklicher Fernsicht über die Bäume auf die Jurakette. Denkbar wäre, dass hier dereinst Urnenhaingräber bereitgestellt werden.
Der Mut zum Freiraum
«Dass sich eine Stadt für ein Gestaltungskonzept entscheidet, das sich vor allem durch Freiflächen und of- fenen Raum auszeichnet, ist alles andere als selbstverständlich», betont Daniel Moeri. Burgdorf beweise damit eine zeitgemässe Haltung, die nicht nur dem Wandel der Bestattungskultur gerecht wird, son- dern den Friedhof zu einem Ort mit hoher Aufenthaltsqualität aufwertet. Gerade in Zeiten von «Verdichtung» und Beschleunigung sind solche Oasen der Ruhe und der Weitsicht umso wichtiger und ein perfekter Rah- men für rituelle Anlässe, für innere Einkehr, für kleine Begegnungen und für grosse Gefühle.

Quelle: Burgdorfer StadtMAGAZIN · Das Stadtmagazin 2014 Nr. 3 Herbst